Warum wir uns für manche Dinge schämen und andere nicht

Ein aufgeräumtes Zuhause gilt oft als Spiegelbild einer organisierten und erfolgreichen Lebensweise. Doch warum empfinden so viele Menschen Scham, wenn ihre Wohnung nicht den Standards der Gesellschaft entspricht? Gleichzeitig scheinen Menschen, die an Migräne leiden, keine ähnliche Scham zu empfinden, obwohl Migräne eine ernsthafte und beeinträchtigende Krankheit ist. In diesem Blogbeitrag stelle ich die Frage: Warum wir uns für manche Dinge schämen und andere nicht? Schauen wir auf die Gründe hinter diesen unterschiedlichen Empfindungen und beleuchten, wie soziale Normen und individuelle Wahrnehmungen unsere Gefühle beeinflussen. Die Migräne wähle ich als Beispiel, stellvertretend für etliche Krankheiten, für die keine Scham empfunden wird.

Zwischen Unordnung und Migräne: Warum wir uns für manche Dinge schämen und andere nicht

Unordnung in der Wohnung: Soziale Normen und ästhetischer Druck

Unsere Gesellschaft hat im Laufe der Zeit bestimmte Normen entwickelt, die den Zustand unserer Wohnräume definieren. Ein aufgeräumtes und sauberes Zuhause wird oft als Anzeichen von Verantwortung und Ordnungssinn interpretiert, während Unordnung und Chaos mit Negativität und mangelnder Selbstkontrolle in Verbindung gebracht werden. Dieser ästhetische Druck führt dazu, dass Menschen sich schämen, wenn ihr Zuhause nicht den vermeintlich akzeptierten Standards entspricht.

Die Scham, die mit Unordnung verbunden ist, kann auf verschiedenen Ebenen auftreten:

  • Vergleich mit anderen: Menschen vergleichen oft ihre Wohnverhältnisse mit denen anderer, sei es durch persönliche Besuche oder durch soziale Medien. Wenn der eigene Wohnraum nicht so ordentlich aussieht wie der von anderen, führt dies zu Gefühlen der Scham.
  • Gesellschaftliche Erwartungen: Die Medien und die Gesellschaft vermitteln oft das Bild eines perfekten Haushalts. Wer diesen Idealvorstellungen nicht entspricht, hat das Gefühl, versagt zu haben oder weniger wert zu sein.
  • Selbstwertgefühl: Unordnung im eigenen Zuhause beeinträchtigt das Selbstwertgefühl, da die Person das Gefühl haben kann, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren.

Migräne: Die Unsichtbarkeit von Schmerz und Krankheit

Im Gegensatz dazu  ist Scham im Zusammenhang mit Migräne selten zu erkennen oder findet gar nicht statt. Migräne ist eine neurologische Krankheit, die von intensiven Kopfschmerzen, Übelkeit, Lichtempfindlichkeit und anderen Symptomen begleitet wird. Warum empfinden Menschen mit Migräne weniger Scham im Vergleich zur Unordnung?

  • Unsichtbarkeit von Migräne: Anders als Unordnung, die physisch sichtbar ist, ist Migräne eine unsichtbare Krankheit. Menschen in ihrem Umfeld können die Schmerzen nicht direkt erkennen, was zu geringerer Stigmatisierung und weniger öffentlicher Scham führen kann.
  • Medizinische Validierung: Migräne ist medizinisch anerkannt und dokumentiert. Betroffene wissen, dass sie an einer realen, körperlichen Krankheit leiden, was das Gefühl der Scham mindern kann. Sie müssen sich nicht rechtfertigen oder erklären, warum sie sich schlecht fühlen.
  • Empathie und Unterstützung: Die Gesellschaft hat im Allgemeinen ein besseres Verständnis für Krankheiten wie Migräne entwickelt. Menschen mit Migräne können auf mehr Empathie und Unterstützung hoffen, was das Gefühl der Scham verringert.

Insgesamt ist es wichtig zu erkennen, dass Scham eine komplexe emotionale Reaktion ist, die von individuellen Erfahrungen, sozialen Normen und der Wahrnehmung von Krankheit beeinflusst wird. Wenn wir verstehen, warum wir uns für bestimmte Dinge schämen und andere nicht, können wir Empathie entwickeln und unsere Einstellungen gegenüber Unordnung und Krankheit überdenken. Es ist entscheidend, eine Kultur der Akzeptanz und des Verständnisses zu fördern, in der sich Menschen weder für ihre Unordnung schämen müssen noch für ihre Migräne.

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