Messie-Syndrom und Respekt

Menschen mit Messie-Syndrom werden oft mit Vorurteilen und Unverständnis konfrontiert. Doch das Thema verdient mehr Einfühlungsvermögen und Respekt. Oftmals bleibt genau dieser Respekt aus, wie eine alltägliche Situation in einem Altersheim zeigt.

Ein Beispiel aus dem Alltag

Während eines Einsatzes im Altersheim habe ich eine Bewohnerin betreut, die unter Depressionen und Sammelzwang litt. Ihr Apartment war unaufgeräumt und überfüllt. Als ich das Zimmer betrat, wurde sie von einer Pflegekraft im Bad versorgt. Doch die Pflegekraft musste telefonieren und verließ das Zimmer, ohne die Pflegeutensilien wegzuräumen. Alles lag auf dem Badezimmer-Boden verteilt: benutzte Einlagen, nasse Handtücher, Waschlappen. Obwohl ich hätte eingreifen können, entschied ich mich, die Situation zu beobachten.

Nach 20 Minuten kehrte die Pflegekraft zurück und räumte hastig das Bad auf. Ich fragte mich: Warum hat sie es nicht gleich gemacht, bevor sie ging? Es drängte sich nur ein Schluss auf – Respektlosigkeit. Diese entstand vermutlich, weil die Bewohnerin in einem unordentlichen Umfeld lebt und es scheinbar nicht stört.

Fünf Gründe für fehlenden Respekt gegenüber Menschen mit Messie-Syndrom

Respektlosigkeit gegenüber Menschen mit Messie-Syndrom kann aus verschiedenen Gründen entstehen. Hier sind fünf mögliche Ursachen, warum Pflegepersonal und Helfer manchmal den Respekt verlieren:

  1. Vorurteile gegenüber der Lebenssituation
    Viele Menschen verbinden Unordnung automatisch mit persönlichem Versagen oder mangelnder Hygiene. Sie verstehen nicht, dass hinter dem Chaos oft eine psychische Erkrankung steht.
  2. Unwissenheit über das Messie-Syndrom
    Das Verständnis fehlt häufig. Pflegekräfte sind nicht immer ausreichend über das Syndrom informiert und wissen nicht, wie sie angemessen reagieren sollen.
  3. Überforderung im Arbeitsalltag
    Zeitdruck und Stress im Pflegeberuf führen oft dazu, dass Helfer unbewusst respektlos werden. Sie empfinden die zusätzlichen Aufgaben als Belastung.
  4. Eigene Wertvorstellungen
    Viele Menschen haben feste Überzeugungen darüber, wie ein Haushalt oder eine Wohnung aussehen sollte. Wenn sie auf jemanden treffen, dessen Lebensstil diesen Vorstellungen nicht entspricht, fällt es schwer, respektvoll zu bleiben.
  5. Emotionale Distanzierung
    Um sich selbst vor dem emotionalen Stress zu schützen, distanzieren sich Pflegekräfte manchmal von ihren Patienten. Das kann zu unbewusstem, respektlosen Verhalten führen.

Auswirkungen auf die Psyche 

Für Menschen mit Messie-Syndrom ist der Verlust von Respekt äußerst schmerzhaft. Hier sind drei mögliche Auswirkungen:

  1. Gefühl der Wertlosigkeit
    Die betroffene Person kann sich minderwertig fühlen, weil sie merkt, dass andere sie nicht ernst nehmen oder respektieren.
  2. Verstärkung des Rückzugs
    Respektlosigkeit führt häufig dazu, dass sich der Betroffene noch weiter zurückzieht und seine Situation verschlimmert, weil er das Gefühl hat, nicht mehr würdig zu sein.
  3. Tiefe Scham und Schuldgefühle
    Die betroffene Person spürt eine tiefe Scham für ihre Lebensumstände und beginnt, an sich selbst zu zweifeln, was die psychischen Probleme weiter verschärft.

Strategien für mehr Respekt gegenüber Menschen mit Messie-Syndrom

 Hier sind drei Ansätze:

  1. Verstehen, dass Unordnung ein Symptom ist
    Unordnung ist nicht das Problem selbst, sondern ein Symptom einer tieferliegenden psychischen Erkrankung. Es erfordert Empathie und Verständnis, das zu erkennen.
  2. Sich weiterbilden
    Wer mehr über Messie-Syndrom weiß, versteht besser, warum Menschen in bestimmten Lebenssituationen Hilfe brauchen und wie man sie respektvoll unterstützen kann.
  3. Reflektieren eigener Vorurteile
    Hinterfrage die eigenen Vorurteile. Warum fühle ich mich unwohl? Woher kommen meine Überzeugungen? Durch Selbstreflexion kann man lernen, anders auf Menschen zuzugehen.

Wie du den Respekt fördern kannst

Respekt beginnt oft mit einem kleinen Schritt. Nimm dir einen Moment, um deine eigenen Gedanken und Gefühle zu reflektieren, wenn du mit jemandem konfrontiert wirst, dessen Lebensumstände anders sind als deine eigenen. Anstatt schnell zu urteilen, frage dich: Wie kann ich in dieser Situation unterstützend und respektvoll sein?

Wenn du mit Menschen mit Messie-Syndrom arbeitest oder ihnen begegnest, versuche bewusst, geduldig und verständnisvoll zu sein. Informiere dich über das Syndrom, um Vorurteile abzubauen und Empathie zu entwickeln. Jeder Mensch verdient es, mit Respekt behandelt zu werden, unabhängig von seinem Umfeld oder seiner Lebensweise.

Dein Beitrag zählt! Jeder kann einen Unterschied machen. Sei ein Vorbild für andere und zeige, wie wichtig es ist, Respekt zu fördern. Sprich offen über das Thema Messie-Syndrom, kläre auf und hilf dabei, Stigmatisierungen abzubauen. Dein Einsatz für mehr Respekt könnte für jemanden der erste Schritt zu einem besseren Leben sein.

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